Hallo,
dann fahre ich mal mit der Historie meines 300 SE fort:
Mein W126 wurde im Oktober 1989 über die Niederlassung Duisburg an einen Duisburger Fachbetrieb für Industrie-Anstriche ausgeliefert und vom Firmeninhaber gefahren. Ob es an der Branche liegt, dass das Fahrzeug ab Werk mit der für einen deutschen W126 extrem seltenen MB-Tex-Polsterung ausgestattet wurde, weiß ich leider nicht. Im Jahr 1993 hat sich der Firmeninhaber vermutlich zur Ruhe gesetzt, denn gemäß originalem Kfz-Brief wurde der 300 SE in diesem Jahr auf den Privatbesitz des nunmehr 65-Jährigen umgeschrieben und von ihm noch weitere zwei Jahre gefahren.
Im Sommer 1995 tauchte der 300 SE dann wieder in der Niederlassung Duisburg auf - nun jedoch in der Gebrauchtwagenabteilung. Dort wurde er vom Vater eines früheren Schulfreundes, einem Oberstudienrat im Ruhestand aus Moers, gekauft. Kurz danach bekam ich dieses Auto zum ersten mal zu Gesicht. Da der Lehrer einen Wohnwagen besaß, wurde im Folgejahr eine starre Anhängerkupplung nachgerüstet, die allerdings nur für einen einzigen Urlaub zweckgemäß eingesetzt wurde. Ende der 1990 Jahre kaufte der Lehrer ein Ferienhaus auf Rügen, und der 300 SE konnte fortan seine Qualitäten als Langstrecken-Reisefahrzeug unter Beweis stellen. Bis Ende 2006 wurde der 300 SE unzählige Male zwischen Moers (dem Wohnort des Lehrer-Ehepaars), Belgien (dem Wohnort der Tochter), Schleswig-Holstein (Wohnort des Sohns) und Rügen hin- und herbewegt und der Kilometerstand auf stolze 324tkm hochgeschraubt.
Dabei erwies sich der Lehrer als äußerst gewissenhaft bei der Fahrzeugpflege: bis 2002 und 260tkm wurde der W126 regelmäßig in Mercedes-Benz-Vertragswerkstätten gewartet, anschließend genauso regelmäßig in freien Werkstätten. Jede Wartung, auch die der freien Werkstatt, wurde lückenlos im Wartungsheft dokumentiert. Der letzte Eintrag im ersten Heft erfolgte 2006 bei 319tkm - auf der Rückseite des 300tkm-Wartungsdienstes, da ansonsten kein Platz mehr vorgesehen war. Neben den Wartungen sind im Laufe der Jahre zahlreiche Neuteile in den 300 SE geflossen. Zuletzt wurden noch das Lenkgetriebe und der gesamte Chrom der Heckstoßstange erneuert.
Auf der letzten Fahrt nach Rügen im November 2006 stellte der Studienrat dann allerdings fest, dass der W126 Bremsflüssigkeit verlor. Die Mercedes-Vertragswerkstatt in Bergen auf Rügen diagnostizierte als Ursache eine korrodierte Bremsleitung, geschätzter Reparaturaufwand ca. 700 Euro. Da inzwischen der Zahn der Zeit doch schon ein wenig an der Karosserie genagt hatte (die üblichen Stellen: Kotflügel vorne rechts, Radlauf hinten links, Türen hinter den Saccobrettern, Heckscheibenrahmen sowie der gesamte vordere Stoßstangen-Chrom), entschied man sich vor Ort gegen die Reparatur und für den spontanen Ankauf eines gebrauchten E 200 (W210) aus dem Gebrauchtwagen-Fundus des Rügener Mercedes-Händlers. Dieser erklärte sich bereit, den defekten 300 SE für einen sehr niedrigen vierstelligen Euro-Betrag in Zahlung zu nehmen. Der 300 SE wäre mit Sicherheit in den Export gegangen, aber noch war der Deal nicht perfekt...
Dummerweise hatte ich meinem Schulfreund 1995 gesagt, er solle mich kontaktieren, wenn sein Vater eines Tages seine S-Klasse verkaufen will. An diese unbedachte Aussage erinnerte er sich rund elf Jahre später und ich erhielt abends einen Anruf: "Du wolltest doch den W126 von meinem Vater kaufen - jetzt wäre es so weit...".
An dieser Stelle nahm dan Schicksal seinen Lauf. Ich telefonierte noch am selben Abend mit dem Vater und ließ mir den Zustand des Autos, das ich auch seit zehn Jahren nicht mehr gesehen hatte, so genau wie möglich schildern. Am nächsten Tag rief ich im Autohaus auf Rügen an und erhielt gute Nachrichten: die Reparatur wäre längst nicht so teuer, wie man ursprünglich angenommen hatte. Außerdem war bereits eine neue Bremsleitung bestellt und ich müsste nur noch die Reparatur in Auftrag geben, wenn ich wollte. Ich wollte. Das "Benzretter-Syndrom" hatte mich voll erwischt.
Eine Woche später fuhr ich also mit Kurzzeitkennzeichen im Gepäck mit dem Zug nach Rügen und holte dort meine frisch reparierte S-Klasse ab. Faktisch war es ein völliger Blindkauf, allerdings kostenmäßig noch sehr überschaubar. Damals.
In den letzten zehn Jahren ist das Auto nun also in meinem Besitz und wird von mir mit Saisonkennzeichen zwischen Mai und Oktober bewegt. Inzwischen stehen 364tkm auf der Uhr, und nach verschiedenen umfangreichen (und leider auch nicht ganz billigen) Reparaturen hoffe ich, dass noch viele weitere Kilometer folgen werden. Leider stehen uns allerdings auch noch weitere Reparaturen bevor. Aber das ist eine andere Geschichte. Das gemeine "Benzretter-Syndrom" ist dummerweise nur schwer heilbar...
Gruß
Volker
W115 240 D 1976 kaledoniengrün/Stoff pergament
W124 250 D 1990 astralsilber/Stoff blau
W126 300 SE 1989 astralsilber/MB-Tex schwarz
S204 C 200 CDI 2009 iridiumsilber/Stoff Brighton schwarz
W210 E 430 2001 tansanitblau/Leder quarz
Stammtisch der MBIG in Ostwestfalen-Lippe
(offen für alle Baureihen bis zum W140 - Clubmitgliedschaft nicht erforderlich):
jeden 3. Montag im Monat ab 19.30 Uhr im Runkelkrug, Salzufler Str. 177, 33719 Bielefeld-Brönninghausen.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 05.01.17 19:15.