Off Topic

Hallo Thorsten,

man beachte auch den Faktor "Zeit" , Lebenszeit und Erfahrung.

Ich besitze ein uraltes Foto, das in einer der heutigen "in-Gegenden" von Essen-Rüttenscheid gegenüber dem Szenelokal "Plan B" einen winzigen Fiat 500 mit Faltrollverdeck und Selbstmördertürchen zeigt. Das erste Auto unserer Familie, Papa kaufte es sich, um vom "dreckigen" Ruhrgebiet heim an den Möhnesee zu fahren. Er war damals in der Straße der erste und einzige, der ein Auto hatte.

Einsam parkt die Knutschkugel unter der Laterne, damals gaanz knapp noch Gasbetrieb.



Heute parken dort ca. 150 Autos in einer kleinen Straße.... Der Fiat 500 war auch das erste Auto, das ich "fuhr" - als Siebenjähriger auf Omas Hof am Möhnesee mal die Handreichungen vom Pa nachvollzogen..., gerade so eben an die Kupplung gelangt, der Fiat setzte sich prompt an leichter Hangneigung unmotorisiert in Bewegung, welche dann in der Bache gegenüber der Straße endete. Mit so viel Schmackes jedoch, dass Opa den Trecker satteln musste, mit denselben 15 PS des Deutz-Zweizylinders <klokk klokkediklokk>, um die italienischen 15 PS des 500er Zweizylinder aus der Bache rauszutrecken.

Dann musste Papa, auf Geheiß der kochlöffelschwingenden und Töchtertreibenden Schwiegermutter, sie der Groß-Zampano all der Familiengroßbespaßungen mit fünf Töchtern, einem Sohn und zwischenzeitlich knapp an die 20 Enkelkinder, nach dem sonntäglichen Mittagessen (in zwei Schichten) die Kinder in der Gegend herumkutschen. "Bännatt... fahr mal mit den Blagen um den See." Damit sie die Bude bissel frei hatte, um klar Schiff zu machen.

Mit angezählt wurde der andere Schwiegersohn Franz, großmächtiger Reisemonteur, Richtmeister, für die weltbekannte Automatendrehmaschinenfabrik Tönshoff in Dortmund-Lütgendortmund, mit Ford Buckeltaunus aus Castrop, "Franz, du auch ab-die-Post, schaff mir die Blagen von den Hacken"; und sie grinste dabei, und Schwiegersohn Franz grinste mit.

Oder ihr eigener Sohn Franz, der auch schon einen Opel Rekord sein eigen nannte, sonntags aber direkt nach der Kirche sehr gerne beim ersten Bier dann versackt war... Der war seltener dran, weil schon gut betütert... Wie das eben damals so war, um 1961/62. Franz aus Castrop, der bei Stalingrad bei den Bodentruppen der Flieger abgehauen war, Fahnenflucht mit dem Fieseler Storch... , so weit der Sprit reichte, dann so weit die Füße trugen nachts zu laufen gen Möhne, tags in Scheunen zu schlafen, in der Angst, erwischt zu werden und dann erschossen..., und der verständlicherweise heil-heil-froh war, noch zu leben. Der das jeden Sonntag an zweidreivier Gläschen Moselwein aus dem grün geringelten Römerkelch feierte. Der noch mit 85 ein leeres Buch geschenkt bekam, dumm guckte, "ja Vatter, das ist dein eigenes Buch, schreib mal rein, was du so erlebt hast", der das erst als dummes Zeugs grummelnd beiseite legte, dann aber doch begann zu schreiben, und mehr als 200 Seiten von teils hammermäßigen Stories hinlegte... Stalingrad, Sicht eines schlauen Technikusses bei den Fliegern.

Was gäbe ich heute, wenn ich eines dieser Autochen kaufen könte? 56 Jahre später...

Allein diese zwei Fiat-Features,..,. das Sardinendosen-Rollverdeck, das damals - völlig cabrio-unlike - stets geschlossen war. Wir hatten den Fiat sieben Jahre lang, mit bis zu vier Kindern..., aber ich erinnere mich nicht an ein einziges Mal, bei dem das Verdeck geöffnet wurde...

Denn die "bessergeschmeckten" Leute hatten schon ein geschlossenes Stahldach, das galt als besser und sicherer, während das Rollverdeck der damaligen Fertigungsnot geschuldet war, dass viele Autohersteller noch gar nicht diese ganz großen und schweren Schuler-Pressen (oder Müller-Weingarten) hatten, die es braucht, um ein komplettes Autodach in einem Hub zu pressen... Nö, die pressten vier Rahmenstücke... Und dadrin eben imprägnierter Stoff.

Das war billiger.
Damals.

heute nicht mehr vorstellbar, aber das war noch die Zeit, in der so etliche Spielregeln beim Auto komplett anders waren.

Und diese lustigen winzigen Stahldeckelchen, namens "Türen", Scharnier hinten, winzige Griffe für italienische Kinderfinger vorne.

Oder meinen eigenen ersten Wagen, den vom Pa übernommenen Sparkäfer VW 1200 A vom Oktober 1965, gekauft für DM 4385,-, Rechnung noch bei der Mutter (87) vorliegen. Der den winzigen Fiat dann ablöste. Der Fiat, dessen Rollverdeck mit Plastik-Heckfenster mit Heftpflaster geklebt war, nachdem ich ausholte und meiner frechen Schwester eine geklebt hatte... Ohhh, das wgab Mecker, mit der gerissenen Heckscheibe....

Also, mit den Jahren nicht, aber mit den Jahrzehnten hängen daran Erinnerungen.

Mein Substitut, Ersatz, ist hier Vatterns NSU Quickly, die er sich ein Jahr vor dem Käfer kaufte.

Als Muttern gemerkt hatte, hey, hier ist draußen dann (raus aus Rüttenscheid) klasse wohnen im neuen Einfamilienhaus mit Garten..., aber eben mal über die Straße zum Einkaufen wie in Rüttenscheid ist dort nicht... Und dem Vattern sagte, "fahr du mal mit den Kollegen auf Maloche, ich brauch den Fiat zum Einkaufen". Vatter guckte doof, "du hast doch gar keinen Führerschein..." Mutter: "Bin schon angemeldet." Er zuckte die Achseln, Mopedfahren macht ja auch Laune..., kaufte sich für DM 680,- einer der damals schon auszusterben drohenden NSU Quickly-Mopeds, das vierte oder fünfte in seiner Familie, und fuhr paarmal mit Spass zur Arbeit nach Rüttentütten. Oder mit den Kollegen.

Dann ward es Herbst, der Moped-Spass war mit einsetzendem Regen minder..., aber Mutter hatte in der Zwischenzeit den armen kleinen Fiat paarmal in den engen Tunnelröhren des Heißener Güterbahnhofs einmal links ans Mäuerchen gesetzt, Vattern gegrummelt, aber nix gesagt, dann ein zweites Mal, rechts..., und ein Riesentheater, Ehekrach.

Mutters Ansage, "dann fährste mich nun wieder zum Einkaufen, und zwar WENN ICH DAT BRAUCH, DATTE DA MA BESCHAIT WAISS! Kannz dein dösigen Fiat behalten, wenn de mir immer so pampig kommst wegen so paar Macken..."

Bei der nahezu neuen Quickly ward der Lenker an den zwei Schellen abgeschraubt, die eine Pedale links umgedreht, dann war Platz für sie rechts neben dem Auto, der Tachostand war 00137. So habe ich sie dann mit 16 übernommen, und sie passt heute auf all das BMW-Motorradgelumpe in meiner Garage auf. Ich habe noch mein erstes eigenes Mopped - aus familiärem Erstbesitz. Steht marschbereit in der Garage, aber mit Versicherungskennzeichen von 1975.

Also, die Quickly hab ich noch. Hätte gern auch die Fiat-Sardinendose, und sehr sehr gern den damals, im Oktober, mir riiiiiesig grooooß vorgekommenen Sparkäfer..., entlich mal Platz hinten auf der Bank hinter den Eltern..., aber muss nicht, weil, ich hab ja die Quickly.

Hätte ich die nicht, ich könnte wohl morden für so 'ne kleine weiße Fiat-Knutschkugel.

So 'nen Spaakeefa kann ich mir immer noch bauen. "Dünnholmer"-Häuschen, Boidenplatte getunt mit Schräglenker vom Automaten, all das rubinrot lackeln, keine Zierleisten, an Chrom nur die Scheinwerferringe und das eine Hupengitterchen (nur links, hat er zwei, dann isses kein Spaakeefa...), als krasses Extra das ungeschüsselte Dreispeichen-Drahtlenkrad, das das 1966er Modell als allerletztes hatte, und als krassestes, allerheißestes Feature natürlich das damals vom sparsamen Papa nich gekaufte Faltverdeck, früher 280 DM Aufpreis. Übrigens zeigt er eine absolute Seltenheit: mit dem 1300er Parallelmodell in Chrom kam der mittige Lüftungs-Auslass vor der Frontscheibe. Die allerersten 1200 A mit 34 PS hatten den Auslass noch nicht, nuir rechts und links in den Ecken, der mittige wurde mitten im Modelljahr dann nachgepflegt, eine Seltenheit in Käferzeiten... Ab Januar 1966 hatten dann alle Käfer, auch die Sparkäfer, dieses Komfort-Extra. Meiner als allerletzter Käfer aus dem Oktober 1965 noch nicht.

Aber rubinrot muss er sein.

Jau, vakoofn.

Und diese Haltung ändert sich, könnte sich ändern, im Laufe langer Lebensjahrzehnte. Das sei den Verkaufenwollenden nur geflüstert. Das kann in Ordnung sein, vakoofn, kann sich aber noch rächen. Ich hatte so 70 Autos und Motorräder, darunter knapp 20, zu denen ich nachts mitunter leicht tränenfeucht denke, "ach hätte ich die oder den noch..."







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