Wohl wahr. Mein Opa, Papa meiner Mama (89), Maurer, als Stift die Möhentalsperre mitmalocht, war in zwei Weltkriegen. Als er im WK2 war, ließ er seine Frau mit sieben Kindern allein. Musste sie allein lassen. Nebenerwerbslandwirtschaft. Immer so fünf Schweine im Stall, dzweidrei Kühe, und 25-30 Hühner. 7000qm Land ums Haus, davon 2000 qm Gemüsegarten. Die fünf Töchter mussten alle ran, so wie sie konnten (Jg 30, 33, 35, 36, 40). Dann noch 7000qm Ackerland am Fischteich Wamel des Möhnesees, ohne Trecker, ohne Pferd. Agreement: der Bergbauer darüber für sie pflügte. Im gegenzug mussten die Männer (zwei Jungs Jg 27 und 29) auf Pfiff des Berghofbauern springen, aushelfen, was der Berghoftyp weidlich ausnutzte.
Geld hatte meine Oma nicht. Alles, wirklich alles, bis vielleicht auf paar Fitzel Salz oder so, mussten sie selber haben, also anbauen, säen, ziehen, ernten, verarbeiten, sonst hätte es nix gegeben.
Als Opa wiederkam, wieder maurerte, da dauerte es keine zwei Jahre, dass Oma ihn ansprach, sag mal Anton, wir müssen uns vom Berghofbauern unabhängig machen. Opa hatte paar Talers gespart, pumpte für die andere Hälfte seinen Maurerchef an, und kaufte einen gebrauchten Holder Einachser. So mit langen Lenkern zum Hinterherloofn.
Als ich das genauer kennenlernte, zweit ältester all der vielen Enkelinnen und Enkel, hatte er mit allen älteren Jungs immer die Tests laufen, als die so zehn, elf waren:
Pflügen, säen, ernten, mähen, dreschen. ... Getreide schneiden, Kartoffeln rausmachen...
Wir mussten das alles lernen, damit, wenn nochmal ein Krieg kommt (Koreakrise..., Kubakrise...), wenn er nochmal raus in die Gräben müsste, damit dann genügend Männer im Haus waren, die das Feld bestellen konnten.
Wenn ich so heute bedenke, das war wie in Afrika. Kinder, viele Kinder, vielevieleviele Kinder als Lebensversicherung...
Ich durfte den Holder lenken. Sonst ließ er da keinen ran. Das Ding war seine Lebensversicherung, nur er hantierte. Sein Sohn, mein ältester Onkel, hatte lange schon einen Deutz Zweizylinder 15 PS, da durften alle drauf, aber den Holder, ähm, nee, wenn mal Krieg kommt, dann hat man ein "Pferd" zum Pflügen. Das Dingen gab Opa nicht aus der Hand.
Man bekam mächtig Ärger, wenn man aus Interesse da so an den Hebelchen ...
Weißt du, was du da machst? Kennst dich aus? Nein?
Hab ich dir das gesagt? Nein?
Warum lässt du dann deine Pfoten nicht WEG VON DEM HOLDER?!, wurde er mal laut.
Nur EINMAL.
Sonst war er niemals laut. War ein sehr leiser, nahezu stummer, friedlicher, immer liebevoller Zeitgenosse. Er war SOO FROH, dass er - an Körper, wohl nicht an seiner Seele - heile nach Hause gekommen war.
Hoffentlich kommen niemals mehr wieder solche Zeiten.
<retracted into lurk mode>