Hallo,
die Grundaussage - die Nachfrage wechselt in Richtung jüngerer Jahrgänge - ist okay, aber das die Preise wieder auf Normalmaß fallen, ist zumindest bei OM nicht nachzuvollziehen (und nicht nur da nicht). Mich überrascht nicht, dass da einige Fahrzeuge wie Blei stehen. Für mich spiegelt der Film eher wider, woran die Szene krankt.
Nehmen wir als Beispiel den 300 SE für 14,9k mit knapp 190tsd Kilometern. Im Text steht Velour, obwohl es sich um Stoff handelt, unten wird der Klimaservice als Goodie erwähnt, obwohl der Wagen keine Klimaanlage hat. Das mögen Flüchtigkeitsfehler sein (und "Drag and Drop"), aber bei Profis erwarte ich, dass sie das irgendwann schlicht Korrekturlesen. Der Wagen ist ein fast Buchhalter, ohne originales Radio und Radkappen. Der müsste sonst schon in jeder Hinsicht perfekt sein, um den Preis zu erzielen - das kann ich mir bei den Radkappen nicht vorstellen. Ein Clubkollege hat unlängst 15tsd für seinen Vormopf 500SEL als Anrechnung bei einer Anzahlung bekommen, super Ausstattung, ordentlicher Pflegezustand, aber einige Schwächen im Detail. Aus meiner Sicht ein anständiger Preis für einen 3er Zustand, den ich nicht bezahlt hätte. Der 300 SE ist aus meiner Sicht mindestens 5tsd Euro zu teuer - bei 9,9 mit VB halte ich den für verkaufbar, bei 7-8k geht der schnell weg.
Oder das im Film kurz gezeigte E220 Cabriolet. 230std Kilometer, reparierter Unfallschaden, Stoffsitze - ist schlicht für knapp 23k zu teuer. Man muss nur in die einschlägigen Listen sehen - da werden 22-23k für einen 2er Zustand aufgerufen. Der angebotene Wagen ist bestenfalls eine 2-3, incl. nicht optimaler Ausstattung. Meinen deutlich besseren E220 mit 185tsd Kilometern schätze ich im besten Fall mit 20, realistischer mit 18-19k ein. Mir begegnen immer wieder bei Oldtimertreffen Leute, die ihre Fahrzeuge oft noch 10tsd Euro teurer einschätzen, obwohl ich die Mängel schon aus Entfernung sehe.
Der Mehrpreis lässt sich auch nicht mit der Händler-Garantie begründen, die immer nur bestimmte Bauteile zu bestimmten Prozentsätzen betrifft. Ein halbwegs guter 126er oder 124er mit frischem TÜV ist kein großes Garantie-Risiko. Das können die Händler gut einschätzen.
Aus meiner Sicht fallen weder die Preise, noch waren die Preislisten jemals zu hoch. Im Gegenteil hängen diese oft hinterher, da sie einen Durchschnitt abbilden. Echte Ausnahmefahrzeuge (Farbe, Ausstattung, Historie, Kilometerstand, Vorbesitzer usw.) können diese gar nicht widergeben, weshalb es immer wieder Fahrzeuge gibt, die deutlich höher weggehen (etwa bei Versteigerungen). Das weckt dann Begehrlichkeiten, die von Händlern gerne gepflegt werden. Hinzu kommen Diejenigen, die sich mangels genauer Kenntnisse ein überteuertes Fahrzeug andrehen ließen und das kaum vor versammelter Gemeinde zugeben werden, weswegen dann die ganzen Standleichen im Netz stehen - und scheinbar den Niedergang symbolisieren.
Ich bin mir sicher, dass jede Pagode, 107er und 126er auch heute noch einen Käufer findet - wenn der Preis stimmt. Und der wird - bei einer realistischen Ausgangsbasis - auch nicht fallen. Als Renditeobjekt sind Autos in dieser Preisklasse generell nicht geeignet. Das tatsächliche Problem liegt nicht am Markt, der sich genauso oft wieder erholt, wie er in eine (kleine) Krise fällt, sondern im Delta zwischen tatsächlichem und behaupteten bzw. naiv geglaubten Zustand. Und der Film zeigt für mich eher Symptom, denn Lösungsbewusstsein.
Gruß Udo