Mal aus der Schwingungsdynamik geplaudert. Ein Vierzylinder krankt im Normalprogramm immer noch ein wenig an unausgeglichenen Momenten der zweiten Ordnung, d.h. doppelte Frequenz und geteilt durch das Pleuelverhältnis Lambda. (Ja, das gibt es im Kurbeltrieb auch, ist das Verhältnis Kurbelradius (= halber Hub) geteilt durch Pleuellänge, also je länger die Pleuel, umso kleiner das Lambda. (Moment? Die Kräfte der Massen hin und her sind ausgeglichen, aber die gegenläufigen Massen haben nicht den Abstand Null, daher entwickeln sie ein Moment.)
Ein Vau Acht ist da eigentlich ... nichts anderes als ein zweifacher Vierer, dessen Zünd- oder kraftimpulse nur im Umlauf vergleichmäßigt sind, halbiert wegen doppelter Zylinderzahl und 90 Grad quer die anderen zu den einen.
Richtig seidenweich sind nur die Sechser Reihenmotoren, dann natürlich die Zwölferreihenmotoren per auch wieder verdoppelter Zündimpulse, und die Boxer, Vierer und Sechser. Bei denen sind Kräfte und Momente der ersten und zweiten Ordnung allesamt ausgeglichen. BTW der Zwölfer ist NUR DESHALB etwas besser als der Sechser, weil eben die Krafteinleitung häufiger, und damit im Umlauf der 720 Grad zweier Kurbelwellenumdrehungen für Viertakt besser, feiner geteilt ist. Da sind sonst keine schlauen Sachen zusätzlich eingebaut, die irgendwie rechentechnisch einen besseren Schwingungsausgleich als die Sechsender ergäben.
Und logo die Motoren, deren überbleibende Kräfte und oder Momente mit Lanchester-Wellen (doppelte Umdrehung) ausgeglichen werden. (Lanchesterwellen gleichen die Kräfte und Momente NUR der zweiten Ordnung aus, also doppelte Drehzahl, geteilt durch das Lambda.)
Über bleiben WEITER - sollte man theoretico wissen - die Kräfte und Momente aus dem Lambda-Quadrat bei der VIERfachen Frequenz, im Prinzip die Obertonreihe der Musik. Nur sind die Faktoren Lambdaquadrat schon so klein, und die Frequenzen so hoch, dass das keine Socke mehr interessiert, und niemand den dementsprechenden Aufwand treibt, auch m.w. niemals getrieben hat. (Als Ettore Bugatti seine Motoren baute, kannte man diese Berechnungsmöglichkeiten noch nicht. Hätte man ihm das erzählt, dann hätten seine Motoren Wellen mit der doppelten und Wellen mit der vierfachen Umdrehung bekommen.)
Ich habe diesen Krams studiert, beim Prof Lüttgen, seines Zeichens ex Kruppscher LKW-Konstrukteur bei der KraWa, KraftWagenfabrik an der Helenenstraße, die ich noch besuchen durfte in der Restabwicklung Ersatzteilverkauf. Dann "Baurat" bei der Essener Ingenieurschule am Viehofer Platz.
Und Flügel-Spieler. Nicht zu vergessen. Friede seiner musikalischen Seele. Er war mal zu fortgeschrittener Stunde so offen, von seiner finalen Erkrankung zu erzählen. Er wusste, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Ingenieur mit Leib und Seele, und Mensch mit Leib und Seele. Das sind die Leute, die es heute anscheinend nicht mehr gibt. Ich habe zwei meiner Profs innig verehrt. Er war einer der beiden. Wegen Techniker plus Mensch. Mein Vorgänger als studentischer Hiwi beim anderen Prof hatte beim Lüttgen seine Abschlussarbeit über diese Arten Maschinendynamik geschrieben, deren weitere Verwendung am pr1me-Rechner ich dann betreuen durfte, a la "Herr B, ich hab gehört, Sie machen das jetzt am Rechner. Könnense mir netterweise noch ditt'n datt'n einbauen.., und verpfeifen Sie mich nicht beim Kollegen Körsmeier..." Der mich bezahlte.
Klar, Herr Professor, machenwa mal.
Leider habe ich seinen Flügel nie kennengelernt, Flügel war mir damals bekannt, aber außerirdisch, unerreichbar.Vielleicht bin ich Ingenieur geworden, weil ein Nachbar - Ingenieur - einen Flügel hatte. Und wenn ich einzwei Wünsche bei der Fee frei hätte, dann würde ich mit Lüttgen heute mal noch eine Runde Chopin spielen.
Schwingungsdynamik. Par excellence. Ich wette, wir hätten hervorragend miteinander musiziert. Ich hab mich nie getraut. Einer der Fehler im Lehm, die nie wieder gutzumachen sind.
Es geht gar nicht um Autos und Motorräder. Es geht nicht um hohe Leistung. Es geht - vielleicht - um das Drehmoment - oder um die (vibrierende) Kraft, die dich in den Sitz drückt. Oder um die Vibrationen, die dich massieren oder dein Ohr erfreuen.
Es geht um die Sinneseindrücke.
Was da passiert auf der Haut, auf den Ohren, auf der Netzhaut, dem Gaumen und so weiter. Es geht um den Sinn des Lebens, der im Leben selber liegt. Im Erfahren des Lebens, in dem Erkunden und Kundigmachen der Sinne.
Technik ist da nur ein Vehikel. Technik ist nie Selbstzweck. Technik an sich ist letztlich nicht anbetungswürdig. Anbeten kannst das, was damit möglich wird - deine Sinne zu kitzeln. Das auszukosten.
Klar war die Beschleunigung des 500 SL R129 auf der Auffahrt der A46 hammer. Ohne Gnade einfach mal draufdrücken..., festhalten, langgezogene Kurve..., und beim Einfädeln mussteste schon wieder einbremsen, denn mit 220 oder 230 kannst oft nicht drauffahren auf die geschwungene Bahn am Ruhrhang bei Arnsberg... .Es war gewaltig. aber das waren nicht die 320 PS, das war die Kraft, und die Vibrationen. Der vielfältige Eindruck auf die Sinne.
Es ist also gar nicht lohnend, immer alle Vibrationen wegzumachen. ...
Auf 1200km nach Wien nervt das.
Aber auf 1200 m um den Dorfteich? Geilomat...
Gestern war ich bei Edelweiß Motorsport in Essen-Burgaltendorf. Der Dirk Scheffer, vierfacher deutscher Meister, hat da alte und uralte BMWs zu machen, die wirklich irre sind. 1000er Motor, 70 PS? Das on top, was du mit der R 100 RS, die ich hatte, kaufen konntest? Na gut, aber doch lachhaft. Er fängt mit 85 PS an, und hört zur Zeit bei 140 PS aus 1400ccm auf, alles aus den "alten" Zweiventilern. Das möchte ich mal er-fahren. Nicht wegen den Daten, sondern wegen der Kraft (130Nm...), und wegen den Vibrationen aus Großkolbenaggregaten. Er macht auch Porschemaschinen, Sex-Lustboxer, aber da müsste man ihm ca. 75 Kileuroni vorbeibringen, sonst wird dat nix.
Dort in den Ruhrwiesen sind benzingetaufte Jungs, das hat enormen Spass gemacht, schon nur beim Gucken und Reden. Er hat zZT. eine uralte Wehrmachts-BMW R 75 von 1943 in Arbeit, die einen Gleitlager-Zweiventiler-Motor von 1200 ccm und 125 PS hat. Starrrahmen hinten. Mit TÜV. Offen laufender Kardan... Hallelujah. Sowas mal zu fahren wird einzigartig sein.
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