Hallo,
tatsächlich lässt es sich aus meiner Sicht schwer feststellen, ob die Preise anziehen oder nicht, da die auf dem Markt befindlichen Angebote schwer zu vergleichen sind.
Ich habe mir vor ein paar Monaten - rein aus Neugierde - einen 500SEL Vormopf in ansprechendender Farbkombi und mit guter Ausstattung angesehen, der bei einem Händler für ca. 15tsd stand (inzwischen etwas niedriger). Vordergründig ein guter Preis, aber angesichts umfassender Roststellen an allen bekannten Stellen (Heckscheibenrahmen komplett durch, aber auch Radkästen usw.) eine reine Mogelpackung. Ich habe den Verkäufer darauf angesprochen, dass der Wagen angesichts einer notwendigen Komplettrestauration viel zu teuer ist (wenn man es wirtschaftlich betrachtet, dürfte er fast nichts kosten), aber das hatte erwartungsgemäß keine Wirkung. Offensichtlich hofft man dort - zudem der Wagen in Kommission verkauft wird - auf einen Interessenten (ich will nicht sagen "Dummen"), den die Optik verbunden mit dem verhältnismäßig niedrigen Preis mitreißt. Ich kann mir nur langsam nicht mehr vorstellen, dass es diese Art von Interessenten noch gibt, denn einen 126er kauft Niemand mehr, der sich nicht zumindest etwas damit beschäftigt hat. Die logische Folge bisher: der Wagen ist nach wie vor nicht verkauft. Persönlich machte mich der Anblick des schönen Wagens fast traurig, den diese Art von fehlender Anerkennung des Ist-Zustandes kann auf Dauer zu keinem Erhalt führen. Ich denke, ein Problem vieler nur noch mit großem Aufwand rettbarer Fahrzeuge.
Dass ich mir diesen 126er angesehen hatte, lag an dem günstigen Ort, an dem ich zufällig berufsmäßig vorbeikam, aber die meisten Angebote lassen sich hinsichtlich ihrer Angemessenheit nicht ohne erheblichen Aufwand überprüfen. Trotzdem lassen sich die Angebote grob in folgende Kategorien unterteilen:
- sehr gute Fahrzeuge mit niedrigen Laufleistungen und vollständiger Historie bei Händlern, die sich auch bei näherer Betrachtung als sehr gut herausstellen. Die Fahrzeuge liegen deutlich über den einschlägigen Listenpreisen und sind in der Regel in überschaubarer Zeit verkauft. Mit diesen Fahrzeugen werden Käufer angesprochen, die einen schönen, zuverlässigen Wagen suchen, ohne sich darum kümmern zu müssen. Zudem kommt es ihnen nicht auf 10tsd Euro an. Aus meiner Sicht ein fairer Deal, denn solche Händler leben von der Mundpropaganda ihrer Käufer und können sich keine Mogelpackung leisten. Allerdings ist die Grenze zwischen tatsächlich guten und weniger guten Autos auch in dieser Preisklasse sehr schmal. Ich kenne einen Händler dieser Kategorie näher und auch seine Angebote. Manche Fahrzeuge stehen auch bei ihm ewig, da bestimmte unschöne Farb-/Materialkombinationen, Ausstattungsdefizite oder die Herkunft aus Japan/USA preislich zu wenig berücksichtigt sind.
- damit komme ich zur zweiten Kategorie: Händler, die ihre Fahrzeuge auf Grund niedriger Laufleistung und/oder angeblicher Vollausstattung viel zu teuer anbieten, da weder die Historie, noch der Zustand diesen Preis rechtfertigen. Es gibt glücklicherweise Internetseiten, auf denen sich die Standzeiten trotz regelmäßiger Erneuerung der Anzeigen nachvollziehen lassen. Fahrzeuge, die mehr als 1 Jahr (teilweise über 3-4 Jahren stehen) machen schon ca.20% der Angebote aus. Und das hat seinen Grund. Offensichtlich haben es viele Händler schlicht nicht nötig, zu verkaufen - auch hier ist die Konsequenz, dass viele Fahrzeuge für einen nach einem angemessenen Angebot suchenden Interessenten erstmal verloren sind.
- in die dritte Kategorie fällt mein obiges Beispiel: das vordergründig preislich angemessene Händlerangebot. Allein, was mir schon am Telefon über die Fahrzeuge erzählt wurde, ließ mir die Ohren schlackern. Die Hälfte der Händler hatte das Fahrzeug für sich selbst gekauft, so gut ist es. Fakt ist - Händler wollen (und sollen) Geld verdienen. Auffällig ist aber, dass es in der Regel nur 2 Arten dieser Angebote gibt: die Einen stehen ewig, die Anderen sind schnell weg. Hier ist es klar von Vorteil, in der Nähe eines solchen Angebots zu wohnen. Ich habe schon gute Fahrzeuge bei Händlern bekommen, die glücklicherweise etwas über dem Marktwert angeboten wurden - sonst hätte ich sie nicht bekommen. Mit etwas Erfahrung - das wird hier den Meisten so gehen - lässt sich schon an den Fotos und dem Text erkennen, mit wem man es zu tun hat. Als ich im vorherigen Jahr einen 500SEL suchte, sah ich ein solches Angebot, dass ich blind gekauft hätte - es war 600 Kilometer entfernt. Ich bin gar nicht mehr zu dem Händler vorgedrungen - der 500SEL war schon weg.
- das gilt auch für die vierte Kategorie: die privaten Verkäufer. Wirklich gute, angemessen bepreiste Fahrzeuge kommen entweder gar nicht in das öffentliche Angebot oder sie sind schnell weg. Aber privat ist nicht gleich privat. Viele privat angebotene Fahrzeuge befinden sich oft nur wenige Monate in der Hand des Verkäufers und sind meist gar nicht auf diesen angemeldet. Gerne werden 1./2.Hand Fahrzeuge mit überschaubaren Kilometerleistungen auf solche Weise angeboten, die Jemand wahrscheinlich günstig in der Umgebung erworben hat - oft ohne Kenntnis der Eigenheiten des 126ers. Das kann gutgehen, wenn der Preis Spielraum für Reparaturen belässt. Meist sind diese Angebote aber angesichts des Zustands zu teuer.
- gute Erfahrungen habe ich mit privaten Verkäufern gemacht, die ihre Fahrzeuge offensichtlich liebten und langjährig nutzten. Niemand zählt alle Mängel auf (manchmal auch in Unkenntnis), aber der Verkauf verläuft in einem auf allen Ebenen ehrlichen Rahmen. Ich habe auf diese Weise meinen 500SEL und den A124 in den letzten 12 Monaten erworben, aber auch das lässt keine Schlüsse auf die tatsächlichen Preise zu, da ich in beide Fahrzeuge noch Arbeitszeit und Kosten im 4stelligen Bereich investiere/investiert habe. Für mich persönlich liegt der Vorteil darin, zu wissen, dass die dann reparierten/verschönerten Dinge wirklich topp sind. Trotzdem hätte ich die Fahrzeuge nicht gekauft, wenn dieses notwendige Invest im Ankaufspreis nicht zumindest teilweise berücksichtigt worden wäre.
- abschließend noch die letzte Kategorie - das 5-7tsd Euro Auto. Diese Fahrzeuge gehen - wenn sie noch TÜV haben und nicht komplett Schrott sind - schnell weg. Bei dem obigen Beispiel hätte ich für den Preis auch zugegriffen (obwohl ich schon einen 500SEL habe) und ich fände es gut, wenn es diese realistischen Preisvorstellung öfter gäbe. Aber natürlich kommen solche Sanierungsobjekte nur für Wenige in Frage, da auch das Kostenrisiko nicht vollständig ermessen werden kann.
Abschließend noch zu den Überlegungen mit dem R129. Mir geht es da wie meinem Vorschreiber - ich habe meinen SL320 verkauft, da er mir mit meinen 1,94m zu eng und mit geschlossenem Dach zu laut war. Auf das Hardtop, dass bei mir immer auf dem Ständer stand, hätte ich sowieso verzichten können. Ich bin auf den A124 E220 umgestiegen und trotz 4 Zylindern wirklich glücklich damit.
Okay, das war jetzt viel Text, aber ich bin irgendwie immer auf der Suche und damit im Thema. Dass es - egal welcher Wagen-Typ gerade gefragt ist - immer auch Glücksache/Zufall ist, machtja auch den Reiz aus,
Gruß Udo
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.06.24 15:09.